Von den USA lanciert, von China gelöst: Die iranisch-saudische Rivalität ist Geschichte
Von Andrew Korybko
Die von China kürzlich veröffentlichte Global Security Initiative (Globale Sicherheitsinitiative – GSI) hat gerade ihren ersten Erfolg erzielen können, nachdem eine trilaterale Erklärung am vergangenen Freitag publiziert wurde, wonach die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Iran und Saudi-Arabien erzielt werden konnte. Peking vermittelte bei den Verhandlungen zum Abkommen zwischen Teheran und Riad, bei dem man sich darauf einigte, sich nicht in die Angelegenheiten des jeweils anderen Landes einzumischen und die Souveränität des jeweiligen Gegenübers zu respektieren, ein Prinzip, das eine der wichtigsten Säulen der GSI bildet.
Diese bemerkenswerte neuste Entwicklung, die von China in die Wege geleitet wurde, beseitigt einen der destabilisierendsten Faktoren der regionalen Sicherheit, der seit Jahrzehnten vorherrschte: die iranisch-saudische Rivalität, die von den USA ausgenutzt wurde, um Westasien zu spalten und zu beherrschen. Washington könnte immer noch versuchen, diese Annäherung zu sabotieren, aber es ist unwahrscheinlich, dass es in dieser Hinsicht etwas erreichen wird, zumal man sich sowohl in Teheran als auch in Riad dieser möglichen Absicht wahrscheinlich bewusst ist. Obwohl die USA es nie öffentlich zugeben würden, sind sie ungemein wütend über diese Einigung, zumal China dieses Abkommen vermittelt hat.
Damit schließen sich Iran und Saudi-Arabien nicht nur der chinesisch-russischen Allianz an, sondern treiben auch das Szenario des "Petroyuan" voran. Das Letztgenannte könnte dem Petrodollar den Todesstoß versetzen und damit den globalen systemischen Übergang zu einer – wenn auch komplexen – Multipolarität beschleunigen.
Die unipolare Hegemonie der USA würde dadurch viel früher als erwartet auf dem Müllhaufen der Geschichte landen, was sowohl für sie selbst als auch für die internationale Gemeinschaft ernsthafte und weitreichende strategische Auswirkungen hätte. Dieser bereits im Niedergang befindliche Hegemon würde nicht länger den unverhältnismäßigen Einfluss auf die Währungs- und Finanzmärkte ausüben können, so wie er es derzeit tut, und damit eine seiner stärksten hybriden Kriegswaffen verlieren, was wiederum die Wahrscheinlichkeit verringert, dass andere Staaten durch dieses Mittel destabilisiert werden können.
Nachdem wir nun die erheblichen geoökonomischen Implikationen dieser jüngsten Entwicklung beleuchtet haben, durch die die Welt in der kommenden Zukunft buchstäblich verändert werden könnte, ist es nun an der Zeit, kurz auf die vergleichsweise weniger wichtigen geopolitischen Implikationen einzugehen. Um es deutlich zu sagen: Diese sind immer noch äußerst bedeutungsvoll, aber es besteht kein Zweifel daran, dass sie im Schatten der Erkenntnisse stehen, die in den vorangegangenen zwei Absätzen erörtert wurden. Am unmittelbarsten ergibt sich endlich eine greifbare Gelegenheit, den jahrelangen Krieg im Jemen zu beenden.
Während Iran die Huthi unterstützt und Saudi-Arabien aufseiten der von den Vereinten Nationen anerkannten jemenitischen Regierung steht, bekämpfen sich beide Lager inmitten einer – laut Welternährungsprogramm der UN – weltweit schlimmsten humanitären Krise. Da die obersten Schirmherren beider Kriegsparteien jetzt miteinander einen Frieden anstreben, besteht die Möglichkeit, dass sie auf dieser von China vermittelten Annäherung aufbauen könnten, um endlich ihren Stellvertreterkrieg im Jemen zu beenden, was unzählige Menschenleben retten würde.
Die Herausforderung wird jedoch darin bestehen, den legitimen Interessen der südjemenitischen Bevölkerung gerecht zu werden, die danach strebt, die Unabhängigkeit des Landes wiederherzustellen. Wenn der Iran und Saudi-Arabien über ihre Köpfe hinweg entscheiden – und damit auch über die Köpfe der Verbündeten aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, dann könnten ihre potenziellen Bemühungen, diesen Stellvertreterkrieg zu beenden, unbeabsichtigt einen weiteren auslösen. Beispielsweise könnte sich der Südübergangsrat (STC), der die Unabhängigkeit des Südjemen in seinen Grenzen von vor 1990 anstrebt, jedem Abkommen widersetzen, das dazu führen wird, dass die Huthi irgendeine Form von Einfluss – real oder vermeintlich – auf den Südjemen bekommen werden.
Es ist noch zu früh, um zu spekulieren, was sich letztendlich in diesem Land entwickeln könnte. Aber der Punkt ist, dass Beobachter das Szenario nicht ausschließen sollten, dass Iran und Saudi-Arabien ihre neu entdeckte Annäherung symbolisieren, indem sie versuchen, ihren Stellvertreterkrieg im Jemen zu beenden. Unabhängig davon, was in dieser Hinsicht passieren könnte, ist es immer noch eine bemerkenswerte Entwicklung, dass China diese beiden Rivalen erfolgreich davon überzeugt hat, ihrer Feindschaft ein Ende zu setzen.
Dieses Ergebnis spricht für den steigenden Status Chinas als diplomatische Supermacht, der erreicht wurde, kurz nachdem Peking seinen 12-Stufen-Friedensplan zur Beendigung des Ukraine-Konflikts vorgelegt hat. Genauso wie das Szenario eines Schulterschlusses Irans mit Saudi-Arabien zur Beendigung des Jemen-Krieges zu verfrüht ist, um darüber im Detail zu spekulieren, ist es ebenso verfrüht, über die Aussichten auf den Erfolg Chinas bei der Beendigung des Stellvertreterkriegs zwischen der NATO und Russland zu spekulieren. Aber mögliche Fortschritte an dieser Front können ebenfalls nicht ausgeschlossen werden.
Aus dem Englischen
Andrew Korybko ist ein in Moskau ansässiger amerikanischer Politologe, der sich auf die US-Strategie in Afrika und Eurasien sowie auf Chinas Belt & Road-Initiative, Russlands geopolitischen Balanceakt und hybride Kriegsführung spezialisiert hat.
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